Energiebilanz für Muskelaufbau: Wie viel ist OPTIMAL? Maximale Hypertrophie durch einen Überschuss an Energiereserven

Energiebilanz für Muskelaufbau: Wie viel ist OPTIMAL? Maximale Hypertrophie durch einen Überschuss an Energiereserven

Es ist wissenschaftlich bestätigt, dass ein Energiedefizit die molekulare Maschinerie für Muskelhypertrophie negativ beeinflusst. Die allgemein fördernde Wirkung auf die Muskelproteinsynthese (MPS) sind jedoch auf andere Faktoren wie dem täglichen Proteinkonsum und Krafttrainings-Reizen zuzuschreiben.

Praktische Applikationen:

  1. Konservative Kalorienüberschüsse von 350-480 kcal für ein optimales Verhältnis von Zuwachs an Muskelmasse und Fettmasse werden empfohlen (Slater et al., 2019). 
  2. Ein einziger wirksamer Trainingsreiz hat einen größeren Stimulus auf Muskelaufbau als eine ausreichende Proteinzufuhr allein (Morton et al., 2018).
  3. Ein Energiedefizit allein hat schon negative Auswirkungen auf die molekularen Maschinerien für Muskelhypertrophie.
  4. Ein Kilogramm an Skelettmuskelmasse hat lediglich einen Ruheenergieverbrauch von 12,9 kcal/Tag.
1. Konservative Kalorienüberschüsse von 350-480 kcal für ein optimales Verhältnis von Zuwachs an Muskelmasse und Fettmasse werden empfohlen (Slater et al., 2019). 

Braucht man eine positive Energiebilanz, um die Muskelhypertrophie durch ein Widerstandstraining zu maximieren?

Die Rate an Hypertrophie der Skelettmuskulatur, welche mit Krafttraining in Verbindung gebracht wird, hängt von vielen Faktoren ab wie dem Trainingsprogramm, Trainingserfahrung, Geschlecht, Genetische Prädisposition, und dem Ernährungsverhalten des Individuums.

Status-Quo der Wissenschaft:

Klar ist, dass ein Kalorienüberschuss allein schon zu einem anabolen Stoffwechselzustand führt, auch ohne einem Krafttraining. Hier stellt sich aber die Frage, welche Anpassungen der Körperkomposition hierauf einstellt.

So zeigt eine Studie, dass überproportional mehr Fettmasse aufgebaut wird als fett-freie Körpermasse bei einem Kalorienüberschuss alleine. In dieser Studie von Bouchard und Kollegen (1990) wurde um durchschnitt doppelt so viel Körperfett aufgebaut als Magermasse. Der Aufbau an ∼2 kg Fettmasse ging nur mit einem Zuwachs von 1 kg Magermasse einher, und wir wissen anhand der Methoden nicht ob hier hauptsächlich Muskelmasse aufgebaut wurde). In der Untersuchung bekamen 12 männliche eineiige Zwillingspaar 84 Tage lang ein Kalorienüberschuss von 1000 kcal.

Ziel für die meisten Kraft und Schnellkraftorientierten Sportarten ist es einen „Sweet-Spot“ des Kalorienüberschusses zu finden, bei welchen das Verhältnis von Zuwachs an fett-freier Masse zu Fettmasse möglichst optimal ist. Je mehr Muskelmasse man pro Fettmasse herausholen kann, desto erfolgreicher und leistungsfähiger ist man in den meisten Anforderungen des Sports. 

Und je weniger Fettmasse man zugewonnen hat, desto weniger muss man Phasen einbauen, die das Körperfett reduzieren. Was wiederum mehr Zeit für förderndes und leistungsstarkes Training erlaubt.

Trainingsreiz als Hauptstimulus

 Eine Meta-Analyse von Morton und Kollegen (2018) zeigt, dass eine Proteinzufuhr zusätzlich zu Krafttraining den Zuwachs an Muskelmasse und Muskelkraft, auch bei suboptimalen Proteinmengen (hier definiert <1.6g Protein/kg Körpermasse) verstärkt.

Wir wissen jedoch aktuell, dass Krafttraining selbst einen weitaus größeren Stimulus für Hypertrophie besitzt als eine alleinige Proteinaufnahme.

Wenn kein Trainingsreiz gesetzt wird, baut der Körper bei einer positiven Energiebilanz mehr Fettmasse als Muskelmasse auf. 
💡
20% des täglichen energetischen Ruhebedarfs oder 4,3 kcal/kg Körpermasse werden dem Proteinturnover zugeschrieben

Das wären bei einem 80 kg schweren Menschen ein Energiemengen von 344 kcal, die nur dem Umbauprozess zugutekommt. Daher sind Studien in der Hypertrophieanpassung in Abhängigkeit der Energiebilanz wichtig.

Slater et al. (2019)

Wir haben aber relativ wenige Studien, welche die direkten Auswirkungen von Energiezufuhr und Muskelaufbau untersuchen: Eine Studie von Pasiakos und Kollegen (2010) zeigt, dass ein bereits moderates Kaloriendefizit (20% weniger als der tägliche Energiebedarf) schon innerhalb kurzer Zeit (über 10 Tagen) die MPS um 16% reduziert.

Das Gute jedoch ist, dass eine einzige Trainingseinheit mit einer ausgeglichenen Energiebilanz diese negativen Auswirkungen der Verringerten Muskelproteinsynthese zu Nichte macht. Diese Effekte können mit einer zusätzlichen Proteingabe von 15-30g nach der Belastung verstärkt werden. Es wurden mit diesen beiden Faktoren eine um 30% gesteigerte MPS beobachtet, verglichen mit dem Ruhewert der Proteinsynthese bei ausgeglichener Energiebilanz ohne Trainingsmaßnahme.

Es ist wissenschaftlich bestätigt, dass ein Energiedefizit die molekulare Maschinerie für Muskelhypertrophie negativ beeinflusst. Die allgemein fördernde Wirkung auf die MPS sind jedoch auf andere Faktoren wie dem täglichen Proteinkonsum und Krafttrainings-Reizen zuzuschreiben.

Slater et al. (2019)

Eine Erhöhung der Muskelmasse geht auch mit einem erhöhten täglichen Energieverbrauch in Ruhe und unter Belastung einher, diese Steigerung ist jedoch sehr gering. Skelettmuskelmasse hat einen täglichen Energiebedarf von nur 54 kJ / kg Masse pro Tag. Das wären bei einem Zuwachs von 1 kg Skelettmuskelmasse eine Vergrößerung des Ruheenergieverbrauchs um 13 kcal.

In der Leitstudie von Slater und Kollegen (2019) werden konservative Kalorienüberschüsse von 350 bis 480 kcal / Tag für Kraftsportlerinnen und Kraftsportler empfohlen, um den Aufbau an Fettmasse möglichst gering zu halten.

Praktische Applikationen

Energiebilanz

1.    Konservative Kalorienüberschüsse von 350-480 kcal für ein optimales Verhältnis von Zuwachs an Muskelmasse und Fettmasse werden empfohlen (Slater et al., 2019). 

2.    Ein einziger wirksamer Trainingsreiz hat einen größeren Stimulus auf Muskelaufbau als eine ausreichende Proteinzufuhr allein (Morton et al., 2018).

3.    Ein Energiedefizit allein hat schon negative Auswirkungen auf die molekularen Maschinerien für Muskelhypertrophie.

4.    Ein Kilogramm an Skelettmuskelmasse hat lediglich einen Ruheenergieverbrauch von 12,9 kcal/Tag.


Literaturverzeichnis:

1. Slater, G. J., Dieter, B. P., Marsh, D. J., Helms, E. R., Shaw, G., & Iraki, J. (2019). Is an Energy Surplus Required to Maximize Skeletal Muscle Hypertrophy Associated With Resistance Training. Frontiers in NutritionVolume 6-2019. https://doi.org/10.3389/fnut.2019.00131

2. Bouchard C, Tremblay A, Despres JP, Nadeau A, Lupien PJ, Theriault G, et al. The response to long-term overfeeding in identical twins. NEngl JMed. (1990) 322:1477–82. doi: 10.1056/NEJM199005243222101

3.Morton, R. W., Murphy, K. T., McKellar, S. R., Schoenfeld, B. J., Henselmans, M., Helms, E., Aragon, A. A., Devries, M. C., Banfield, L., Krieger, J. W., & Phillips, S. M. (2018). A systematic review, meta-analysis and meta-regression of the effect of protein supplementation on resistance training-induced gains in muscle mass and strength in healthy adults. British Journal of Sports Medicine52(6), 376–384. https://doi.org/10.1136/bjsports-2017-097608

4.Pasiakos, S. M., Vislocky, L. M., Carbone, J. W., Altieri, N., Konopelski, K., Freake, H. C., Anderson, J. M., Ferrando, A. A., Wolfe, R. R., & Rodriguez, N. R. (2010). Acute energy deprivation affects skeletal muscle protein synthesis and associated intracellular signaling proteins in physically active adults. The Journal of nutrition140(4), 745–751. https://doi.org/10.3945/jn.109.118372